Horst D. Deckert

Affäre Gil Ofarim: Stern oder nicht Stern…

Gil Ofarim mit imaginärem Davidstern (Foto:Imago)

Mein Bauchgefühl hatte diesmal nur zum Teil Recht. In der Geschichte um Gil Ofarim hatte mich zunächst mehr die Theatralik gestört, mit der er seine Geschichte vortrug, gerade, weil Träger eines Davidsterns bisweilen böse Blicke und grantige Bemerkungen ernten. Nun, dachte ich, vielleicht hat er bisher in einer Parallelwelt gelebt und kommt jetzt in der Realität an? In einem Hotel ist mir so etwas allerdings noch nicht passiert – daher gingen meine Gedanken eher in Richtung „Missverständnis“ oder „Überreaktion“. Zudem verfahren die meisten Juden – wie ich bereits schrieb – mit ihrem Schmuck eher dezent. Etwas passte nicht.

Allerdings rechnete ich nicht damit, dass die Geschichte aus dem Hotel komplett erfunden ist, wie nun Überwachungsvideos zeigen. Kein Davidstern weit und breit. Und das gibt Gil Ofarim mittlerweile zu. Und schiebt gleich den nächsten Dampfhammer hinterher: Es ginge um „Größeres“ – darum, zu zeigen, dass es Antisemitismus in Deutschland gibt. Das lässt einen erst einmal fassungslos zurück. Wir wissen alle, dass es so ist und von wem der Hass ausgeht, es gibt Statistiken dazu. Einen Unschuldigen zu belasten, ist deshalb mehr als schäbig, nur weil man sich als Opfer einreihen will. Und dazu kam noch, dass sich der Vorfall in Leipzig abgespielt haben sollte – ein Fest für die Presse, die sogleich wieder das Klischee vom „Nazi-Sachsen“ aufwärmen konnte.

Das „ideale“ Opfer

Man kann mittlerweile schon eine Faustregel aufstellen: Je mehr Drama sich um ein Ereignis windet, je mehr sich die Presse darauf stürzt und je mehr die Geschehnisse in ein bestimmtes Schema passen, desto wahrscheinlicher ist es, dass an der Sache etwas faul ist. Ob Rassismus oder MeeToo, ob eingeritztes Hakenkreuz oder Chemnitzer Hetzjagd, es zählt nicht die Rekonstruktion dessen, was tatsächlich geschehen ist, sondern wie es sich innerhalb einer vorgegebenen Agenda vermarkten lässt. Ob es nun um den Kampf gegen Rechts geht, Alltagsrassismus oder Frauendiskriminierung – jeder möchte sein Stück vom Kuchen abhaben, und sei es, um aus der medialen Versenkung wieder aufzutauchen. Und Gil Ofarim ist nicht der erste, der nach dem Auffliegen behauptet, „es“ um der guten Sache willen getan zu haben. Auch manches eingeritzte Hakenkreuz entpuppte sich als Eigenfertigung. Ofarim ist allerdings noch einen Schritt weitergegangen, bei ihm war der Täter kein großer Unbekannter, sondern er gefährdete den Job des Hotelangestellten, der inzwischen wegen Verleumdung geklagt hat.

Jeder, der so etwas durchzieht, muss sich darüber im Klaren sein, dass er damit jedem künftigen „echten“ Opfer die Chancen mindert, ernst genommen zu werden. Denn es gibt sie, die Opfer von sexuellen Übergriffen, antisemitischen Attacken, Rassismus und Diskriminierung. Viele wagen es nicht, ihre Geschichte öffentlich zu machen, weil sie fürchten, für nicht glaubwürdig gehalten zu werden. Was aber noch keine Erklärung dafür ist, warum es anderen immer wieder gelingt, ihre Märchen den Medien zu verkaufen. Es kann auch nicht nur daran liegen, dass niemand bei so ernsthaften Anschuldigungen mit einer Lüge rechnet – denn auf der anderen Seite gibt es auch die Dauerzweifler, die jedes Ereignis für erfunden halten.

(Screenshot:Twitter)

Es ist auch den Medien geschuldet, die sich ganz gezielt das „ideale“ Opfer herauspicken. Ofarims Vater war in Deutschland sehr populär, davon zehrt auch der Sohn, dessen Mutter allerdings nicht die ebenfalls populäre Esther ist, sondern Ofarims dritte Frau. Nach jüdischem Gesetz ist Gil Ofarim kein Jude, das ist er nur für Antisemiten, die schon immer gewusst haben wollen „dass Juden immer auf ihren Vorteil aus sind“ – und für die Presse. Bei dieser hat er offensichtlich einen Promibonus.

Medien, die sich viel auf ihre Haltung zugute halten, die angeblich für Wahrheit und Gerechtigkeit stehen, sich aber gleichzeitig nur für bestimmte Opfer interessieren: Wurde eine Frau Opfer von Gewalt durch Migranten, fällt die Berichterstattung sehr mager aus, der Täter muss schon mindestens ein etwas aus der Mode gekommener Regisseur sein. In Neukölln angepöbelte Homosexuelle oder Juden sind ebenso wenig der Aufmerksamkeit wert wie Migranten, die von Migranten getötet wurden. Gil Ofarim konnte seine Show nur aufführen, weil er diese Strukturen vorfand. Ob er von vornherein beurteilen konnte, welchen Aufruhr er damit lostreten würde, kann ich nicht beurteilen. Aber die Grundstrukturen wird er gekannt haben – und hat damit allen Juden einen Bärendienst erwiesen.

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