Horst D. Deckert

Deutsche Wirtschaft steckt im Schlamm fest

Deutschland könnte am Rande einer Rezession stehen: Die am Freitag veröffentlichten Daten zeigen, dass die Wirtschaft im ersten Quartal stagnierte. Die Energiekrise hat das Wirtschaftswachstum in Europas grösster Volkswirtschaft erheblich behindert. Auch die Inflationsdaten gingen im April zurück, bleiben aber weiterhin hoch, was die Sorge vor einer Stagflation verstärkt.

Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) stagnierte das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März gegenüber dem Vorquartal, nachdem es im letzten Quartal 2022 um 0,5 Prozent geschrumpft war und damit eine «technische Rezession» knapp abgewendet werden konnte.

Bei der Veröffentlichung der endgültigen Zahlen am 25. Mai könnte die Stagnation jedoch in eine Schrumpfung umgewandelt werden.

Der vorläufige Wert lag unter dem von den vom Wall Street Journal befragten Ökonomen erwarteten Wachstum von 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Nach Angaben von Destatis sind die Ausgaben der privaten Haushalte und des Staates in den ersten drei Monaten des Jahres eingebrochen. Claus Vistesen, Chefökonom für die Eurozone bei Pantheon Macroeconomics, erklärte:

«Die deutsche Wirtschaft steckt auch zu Beginn des Jahres 2023 im Schlamm fest und entgeht nur knapp einer Rezession.»

Die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen fielen nach dieser Nachricht um bis zu 13 Basispunkte auf 2,352 Prozent.

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Quelle: ZeroHedge

Gemäss den vorläufigen Daten zum BIP zeigten die Verbraucherpreisdaten für April, dass die Inflation nachlässt. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 7,6 Prozent und damit weniger als im März (7,8 Prozent).

Erhöhte Inflation und schwächeres Wirtschaftswachstum sind Anzeichen für eine Stagflation.

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Quelle: ZeroHedge

Bloomberg zufolge haben die Händler in der Zwischenzeit ihre Wetten auf eine Zinserhöhung der EZB um 25 Basispunkte in der nächsten Woche verstärkt, wobei die Marktpreise eine Wahrscheinlichkeit von fast 90 Prozent gegenüber 80 Prozent am Freitag Vormittag implizieren.

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Quelle: ZeroHedge

Die Erwartungen für die Zinserhöhung am kommenden Donnerstag sind die ganze Woche über gesunken.

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Quelle: ZeroHedge

Carsten Brzeski, Global Head of Macro bei ING, warnte, dass das Rezessionsrisiko noch nicht vorüber sei:

«Die jüngste Renaissance der Industrieproduktion könnte die Wirtschaft sehr wohl durch das zweite Quartal tragen. Wir befürchten jedoch, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte weiter mit der Rezession flirten wird.»

Die grösste Erkenntnis aus der Verschlechterung des BIP und der anhaltend hohen Inflation ist, dass die grösste europäische Volkswirtschaft in eine Stagflation stolpert.

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Hier finden Sie den Beitrag auf Englisch.

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