Horst D. Deckert

Die Hälfte der Franzosen stellt sich hinter die Generäle. Droht Frankreich ein Putsch?

Mit Bestürzung reagierte das politische Frankreich auf den kürzlichen Brief der 20 Generäle. Die Regierung erklärte, dass die darin geäußerten „rechten“ Ansichten nicht dem republikanischen Geist entsprächen, während der Generalstabchef militärrechtliche Sanktionen gegen die Unterzeichner ankündigte. Im echten Leben dagegen sieht es etwas anders aus, wie eine Umfrage ergab. Sie wird den Mächtigen in Frankreich und jenseits davon gar nicht gefallen. Viele Franzosen sehen inzwischen einen Putsch durch das Militär als einen legitimen Weg aus der Krise.

 

Fast die Hälfte der Franzosen für einen Putsch

 

Eine gerade veröffentlichte Umfrage Harris Interactive/LCIMit zum Brief der Generäle erab, dass sich mit 58% sich eine deutliche Mehrheit der Befragten hinter die Unterzeichner stellte, wie L‘Opinion berichtet. Der Anteil bei Anhängern der konservativen Partei Les Republicans lag bei 71%, während sich Unterstützer des Front National zu 86% für den Inhalt des Briefs aussprachen.

Insgesamt 73% stimmten mit der Aussage in dem Brief überein, dass sich „die französische Gesellschaft im Prozess des Zerfalls“ befindet, während 74% zustimmen, dass die kulturmarxistische Form des Antirassismus „Hass zwischen den Gemeinschaften schürt“. Ganz besonders bezeichnend ist, dass laut Umfrage 49% aller Franzosen ein Eingreifen der Armee „ohne Befehl“ befürworten würde, sollte die Ordnung und Sicherheit des Landes ernsthaft bedroht sein.

Ein derart hoher Wert zeigt einmal, dass in Frankreich im Vergleich zur zivilen Verwaltung ein hohes Vertrauen zum Militär besteht. Gleichzeitig enorm viel tiefgreifend im Argen liegen muss, dass lagerübergreifend so hohe Anteile der Bevölkerung mindestens teilweise dem Brief der Generäle folgen. Laut L‘Opinion sollen inzwischen auch mehr als zehntausend Militärangehörige den Brief unterzeichnet haben.

 

Nachrichtenfluss kaum noch kontrollierbar

 

Lange Zeit war das politische Frankreich für deutsche Medienkonsumenten hermetisch abgeriegelt. Selbst nach dem sadistischen Großanschlag durch Islamisten auf das Bataclan in Paris tröpfelte nur selten etwas durch. Mittlerweile hat sich das zwangsweise teilweise geändert. Keine Woche vergeht mehr, in der nicht über „geistig verwirrte Franzosen“ berichtet werden muss, die per Messer, Auto oder Benzinkanister auffällig werden.

Dabei werden meist nur die größten Zwischenfälle berichtet, während der Kleinkrieg in den Banlieues und Kleinstädten weiterhin außen vor bleibt. Lediglich das, was zur Rotweinclique in Frankreichs berichtender Mittelschicht durchdringt, hat überhaupt eine Chance, zu uns durchgereicht zu werden.

Über bürgerkriegsähnliche Zwischenfälle ließe sich täglich berichten, wie etwa den Fall eines Polizisten von vorgestern, der bei einer Drogenrazzia in einem Pariser Banlieue von einem Dutzend Verdächtiger „gelyncht“ wurde, wie es in dem Bericht darüber heißt. Nicht weniger verstörend ist auch ein Zwischenfall von gestern, bei dem ein Mob aus zwanzig Personen in eine Schule eindrang und dort herumwütete. Als die Polizei eintraf wurde ihr wie immer mit massivem Widerstand entgegengebracht. Verhaften konnte sie am Ende zwei Personen, einer 20 und der andere 15 Jahre alt.

Die Geschichten folgen der kaum erzählten Geschichte des völligen generationellen Abrisses in einigen Landesteilen, in denen nur noch das Gesetz der Gewalt und jenes der Scharia gilt. Kinder und Jugendliche sind in einer derart großen Gewalt ausgesetzt, dass sich niemand mehr davon entziehen kann und die Gewalt selbst zur Kultur wurde.

Die Erschütterungen der französischen Kultur strahlt dabei auch auf die Überseegebiete aus. In Mayotte, einer zu Frankreich gehörenden ostafrikanischen Insel, die ich vor nicht allzu langer gelobt habe, beispielsweise versuchte sich ein Moslem unter „Allahu Akbar“ Gebrüll in einem Angriff auf eine Polizeiwache. Die Dreistigkeit in Verbindung mit der Aussichtslosigkeit des Unterfangens zeigt exemplarisch, wie sehr das klassisch französische gesellschaftliche Verhaltensgerüst in den letzten Jahren ins Wanken geriet. Man muss sich fragen, ob es überhaupt noch steht.

 

Vergebliche Steuerungsversuche durch die Politik

 

Es ist keineswegs so, dass Frankreichs Politik nicht versuchen würde, gegen die Entwicklung anzugehen. Die Versuche reichen mehrere Präsidentschaften zurück, wobei der vorletzte Nicolas Sarkozy die damals schon marodierenden Mobs sogar „wegkärchern“ wollte. Geschehen ist letztlich nicht viel, wobei Francois Hollandes sozialistische Partei viel zu sehr auf den Wählerblock der Moslems im Land baute, als dass etwas signifikantes geschehen konnte.

Merklich aktiv wurde erst Emmanuel Macron, dessen ehemaliger Innenminister Colomb vor drei Jahren in etwa vergleichbar deutlich vor einem Bürgerkrieg warnte, wie jetzt die Generäle in ihrem offenen Brief. Der Altlinke Collomb wurde damals wie üblich als „rechts“ beschimpft und gab bald danach resigniert sein Amt auf.

Trotz der Selbstherrlichkeit in Macrons Auftreten lassen sich stellenweise Versuche erkennen, dass tatsächlich etwas versucht wird. Beispielsweise beschloss der Bürgermeister der Kleinstadt Caudry, Angehörigen von Delinquenten die Sozialhilfe zu streichen. Es ist eine Maßnahme, die nur noch als brachial bezeichnen lässt in Anbetracht dessen, dass hier eine Form der Erbschuld Teil des staatlichen Handlungsrahmens wurde. Zwar kam es zu einem Aufschrei dagegen, jedoch fiel dieser zu klein aus, als dass es zu einem Rückzieher gekommen wäre. Frankreichs linke Medienelite scheint zu erschöpft, als dass sie sich noch gegen so etwas stemmen könnte.

Auch kommt es im Unterschied zu Deutschland immer wieder zu Ausweisungen aufgrund von verhältnismäßig kleinen Vergehen. Ein Algerier beispielsweise, der sich als Lieferfahrer betätigte, wurde vor wenigen Wochen des Landes verwiesen, nachdem er sich weigerte, jüdische Kunden zu beliefern. Das Vorgehen steht im diametralen Gegensatz etwa zu dem Zwischenfall in Berlin vor einiger Zeit, als ein muslimischer Migrant auf offener Straße mit seinem Gürtel auf einen Juden losging. In Anbetracht des größeren Bildes müssen wir noch immer davon ausgehen, dass der junge Mann deutsche Sozialhilfe erhält.

 

Die fünfte Republik liegt am Boden und ist angezählt

 

Die Versuche der Situationskontrolle bleiben insgesamt so stückhaft, dass sie wirkungslos bleiben müssen. Vermutlich aber gar nicht mehr anders. Die Fronten für Frankreichs Politik hoffnugslos überstreckt. Während sich die Budgetdefizite weiter anhäufen, verharrt die Arbeitslosigkeit seit Jahrzehnten im Bereich zwischen 8 und 10%. Die EU verlangt weiterhin nach Aufmerksamkeit und auch das stetig gepflegte France Afrique nicht zur Ruhe kommt, sondern von Mali (Putsch) über den Tschad (Präsident stirbt bei Anti-Terroreinsatz) und die Zentralafrikanische Republik (islamistische Seperatisten, die auf Uranerz sitzen) weiterhin vor sich hin kokeln.

Sämtliche Versuche sind bislang gescheitert, die hohe Staatsquote zu senken oder etwas an den beiden Dreh- und Angelpunkten Paris und der ENA-Elitenherrschaft zu verändern. Die Ineffizienz und hohen Steuern erdrücken wiederum die Mittelschicht, so dass die Gelbwesten ohne Corona wohl noch immer am demonstrieren wären. Auch beim Coronathema selbst hat Frankreich versagt, wobei sich die politische Ineffektivität bis zur mächtigen Beamtenschaft des Landes durchschlägt. Ganze 98% aller Lehrer wollen sich nicht impfen lassen. Rasch aus dem Boden gestampfte Impfzentren sind so leer, dass sie wieder geschlossen werden müssen. Fehlplanung häuft sich in Frankreich auf Fehlplanung und das selbst bei eher kleineren Angelegenheiten. Behilflich bei der Rettung des Landes vor dem Abgrund ist das mit Sicherheit nicht.

Bei genauerer Betrachtung ist die umfassende Unterstützung der 20 Generäle durch das französische Volk letztlich genauso wenig überraschend, wie auch die verstörende Erkenntnis, dass mittlerweile fast die Hälfte der Franzosen einen Militärputsch als einen legitimen Weg aus der strukturellen Staatskrise heraus erachten. Die fünfte Republik liegt am Boden und ist angezählt. Die Frage scheint dabei noch darin zu bestehen, ob das Land sich gerade bei drei befindet, oder schon bei acht.

Quelle Titelbild

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