Horst D. Deckert

Strafanzeige gegen das Fernsehen SRF wegen «Schreckung der Bevölkerung»

Wahrhaftigkeit und sorgfältige Recherche, das Hinterfragen von Aussagen der Regierung, der Schutz der Ehre und die Achtung der Würde von Menschen, die Prüfung der Informationsquellen, das Vermeiden sensationeller Darstellungen, die überzogene Hoffnungen oder Befürchtungen wecken könnten, all das sollte den journalistischen Berufsethos prägen.

Doch seit Beginn der Corona-Krise ist weltweit ein Phänomen zu beobachten: Die Mainstream-Medien – sowohl staatliche als auch private – lassen die journalistische Sorgfaltspflicht vermissen, die man bei einem Thema dieser Tragweite erwarten müsste. Die gesamte Berichterstattung scheint nur ein Ziel zu verfolgen: Grösstmögliche Angst, Panik und Hysterie zu schüren.

Beteiligt an der Beerdigung eines ehrenwerten und moralisch vertretbaren Journalismus sind Redakteure von Tageszeitungen und Magazinen, Mitarbeiter von Presseagenturen, TV- und Radio-Moderatoren oder auch Social-Media-Texter. Aber allen voran die Geschäftsführer von Verlagen und Fernsehsendern.

Medien müssten juristisch belangt werden

Wer die Corona-Krise seit März 2020 aufmerksam verfolgt hat, kann deshalb nur zu einem Schluss kommen: Neben anderen verantwortlichen Corona-Akteuren müssten auch die Medien für die Verdrehung von Tatsachen juristisch belangt werden, sofern strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen.

Der Ökonom und Psychologe Dr. Kai von Massenbach hat nun die Initiative ergriffen und Strafanzeige gegen das Fernsehen SRF erstattet, im Konkreten gegen die Redaktion «Puls», verantwortlich für die am 1. März 2021 ausgestrahlte Sendung «Long Covid: Jugend schützt nicht vor Langzeitfolgen.»

Kernbotschaft des Beitrags: Eine Covid-19-Erkrankung kann langanhaltende Spätschäden zur Folge haben, die sich in unerklärbaren Erschöpfungszuständen oder Depressionen äussern, unter denen auch junge Patienten leiden, selbst bei einem milden Verlauf. Und vor allem: Jeder Vierte soll betroffen sein.

Von Massenbach, der selbst im Gesundheitswesen tätig ist und die Debatte aus nächster Nähe verfolgt, ist der Ansicht, die Sendung erfülle gleich zwei Straftatbestände. In seiner bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat eingereichten Anzeige konstatiert er, dass die Gestaltung der Sendung und die gemachten Aussagen als Verstoss gegen Art. 258 des Strafgesetzbuches «Schreckung der Bevölkerung» zu werten sind:

«Wer die Bevölkerung durch Androhen oder Vorspiegeln einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum in Schrecken versetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Die Sendung habe eine «schwerwiegende schädigende Wirkung» auf die Bevölkerung «verfolgt oder zumindest in Kauf genommen». Aus diesem Grund sei eine strafrechtliche Prüfung des Vorgangs dringend geboten.

Dabei beruft sich von Massenbach auf zwei Kernaussagen des Beitrages:

  • Jeder Vierte entwickelt nach einer erlittenen SARS-CoV-2 Infektion «Long Covid»-Symptome.
  • Es besteht eine kausale Beziehung zwischen einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion und dem Auftreten der Symptome, die unter der Bezeichnung «Long Covid» subsumiert werden.

Beide Aussagen wurden in der Sendung mit zwei Fallportraits und Interviews mit Ärzten dargestellt. Der Beitrag habe deshalb «sehr glaubhaft den Eindruck vermittelt, dass die Aussagen gesicherten Fakten entsprechen», schreibt von Massenbach. Doch dies sei nicht der Fall. Den Verantwortlichen wirft von Massenbach vor, die Sendung habe vor allem darauf abgezielt, bei Personen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben oder noch durchmachen werden, die Angst vor einem hohen Risiko von «Long-Covid»-Symptomen zu schüren, ungeachtet des Alters.

Eine derartig unreflektierte Berichterstattung über mögliche Krankheitsverläufe könne den sogenannten Nocebo-Effekt auslösen, der sehr gut untersucht und schon lange bekannt ist. Dessen Schadwirkung trete auch auf, wenn die «glaubhaft vermittelte Information falsch ist».

Darin sieht von Massenbach den zweiten Straftatbestand. Denn vor dem Hintergrund, dass die Redaktion eines Fachmagazins in Gesundheitsfragen über Experten und ein grosses Hintergrundwissen verfügt und von Placebo- und Noceboeffekten Kenntnis haben müsste, könnten die in der Sendung gemachten Aussagen auch als Verstoss gegen StGB 125 «Fahrlässige Körperverletzung» gewertet werden:

«Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Detailliert beschreibt von Massenbach in seiner Anzeige die Unterlassungen und mangelnde Sorgfalt der Puls-Redaktion und kommt zum Ergebnis, dass die in der Sendung behauptete Häufigkeit von «Long Covid» einer Überprüfung mit «einfach zugänglichen Informationen nicht standhält beziehungsweise nachweislich falsch ist».



Auch den Kausalzusammenhang zwischen einer SARS-CoV-2-Erkrankung und «Long Covid»-Symptomen wie Ermüdungserscheinungen oder Depressionen nimmt der Gesundheitsexperte unter die Lupe.
Seine Einschätzung: Die allgemeine Belastungssituation, der die Bevölkerung durch die verschiedenen Massnahmen ausgesetzt ist, wurde in der Sendung nicht in Betracht gezogen.

Studie zeigt: Massnahmen wirken sich negativ aus

Dabei führt die Universität Basel derzeit eine Begleitstudie (Swiss Corona Stress Study) durch, in der gerade diese Belastung in der Bevölkerung gemessen wird. Die dritte Erhebungswelle im November 2020 zeigte, dass die Folgen der Lockdown-Massnahmen schwerwiegender sind als befürchtet: So hat sich der Anteil der Personen mit maximalen Stresswerten von April 2020 bis November 2020 verdoppelt.

Bei den Personen mit mittleren bis schweren depressiven Symptomen sind die Veränderungen noch extremer. Vor der Pandemie gaben 3% der Befragten solche Symptome an. Im April während des Lockdowns war der Wert bei 9%, nach dem Lockdown im Mai stieg der Wert auf 12% und erreichte im November 18%.

Zu den Faktoren, die für Stress und depressive Symptome sorgen, zählen die Forscher die Belastung durch eine veränderte Situation bei der Arbeit, in der Schule oder der Ausbildung. Auch die Angst vor finanziellen Einbussen, die Zunahme von Konflikten zuhause und Zukunftsängste wirken sich negativ auf die Psyche der Menschen aus. Ebenso wie die sozialen Einschränkungen oder die Befürchtung, dass jemand aus dem engsten Umfeld an Covid-19 schwer erkranken oder sterben könnte. Es ist davon auszugehen, dass bereits über eine Million Einwohner in der Schweiz eine solche Belastungsreaktion entwickelt haben.

Doch wie die Basler Studie auch belegt, hatten knapp 90 Prozent der Personen mit mittleren bis schweren depressiven Symptomen – die mit Long Covid in Zusammenhang gebracht werden, gar keinen Kontakt mit SARS-CoV-2, waren aber von den Lockdown-Massnahmen betroffen und Opfer einer ständigen medialen Angsteinflössung.

Bei eingehender Überprüfung des Sachverhalts und guter Recherche hätten also auch die Macher der Sendung Puls in Erwägung ziehen müssen, dass «Long-Covid»-Symptome nicht zwangsläufig in direktem Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung stehen müssen. Doch dieser Aspekt wurde aussen vor gelassen.

Geschäftsleitung hätte Beitrag verhindern müssen

Die Berichterstattung der Redaktion sei «irreführend», die Geschäftsleitung von SRF hätte diesen Beitrag verhindern müssen, schreibt von Massenbach. Denn in der aktuellen Situation habe ein öffentlich-rechtlicher Sender mit so grosser Reichweite die Pflicht, korrekte und geprüfte Informationen vorzulegen und zu kommunizieren. Das Schweizer Fernsehen trage zudem eine besondere Verantwortung: Als Leitmedium beeinflusse der Sender auch andere Medien, die sich auf eine sorgfältige Recherche bei SRF verlassen.

Dieser Vorbildfunktion kam der Sender nicht nach, ganz im Gegenteil. «Wer einen derart furchteinflössenden Beitrag erstellt und publiziert, steht unter dringendem Verdacht, sich der vorsätzlichen Schreckung der Bevölkerung sowie einer allfälligen Körperverletzung schuldig gemacht zu haben», schreibt von Massenbach.

Potenzielle Opfer der Schadwirkung der Sendung Puls vom 1. März 2021 sind seiner Meinung nach alle Bürger der Schweiz. Sie sind je nach Ausgang des Verfahrens klageberechtigt. «Der Behandlung dieser Klage kommt eine sehr grosse gesellschaftliche Bedeutung zu», resümiert der Gesundheitsexperte in seiner Schrift.

Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung.

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