Horst D. Deckert

Die meisten Gastrobetreiber ersuchen vergebens um Härtefallgelder

«Da entscheiden einige über dein Schicksal, die noch nie selber Löhne ausbezahlt haben», wird Roland Hofstetter, Inhaber des Hotel Sternen in Nesslau im Kanton St. Gallen, von der Onlineausgabe der Ostschweiz zitiert. Sein Gesuch um Härtefallgelder sei Anfang Februar abgelehnt worden. Die Begründung: «Das Härtefallprogramm im Kanton St. Gallen sieht vor, dass die Gesellschaft im Jahr 2019 nicht überschuldet sein darf. Aus diesem Grund wird Ihr Antrag abgelehnt.»

Hofstetter ärgert sich, denn dieser Entscheid sei nur eine Momentaufnahme vom 31. Dezember 2019, kurz nachdem er den Betrieb übernommen habe. Hofstetter habe das Inventar abbezahlen und 18 Hotelzimmer sanieren müssen. Inzwischen seien die Schulden beglichen. Der tödlich verunfallte Vorgänger habe das Hotel 18 Jahre lang geführt und im letzten Jahr wurde das 50. Jubiläum gefeiert. Nun stehe es kurz vor dem Aus.

Der Hotelbesitzer erhob gegen den ablehnenden Entscheid Einsprache, doch eine Antwort habe er nicht erhalten. Auf telefonische Anfrage sei ihm mitgeteilt worden, dass abgelehnte Gesuche erst wieder im Sommer behandelt würden:

«Die Menschen auf der Strasse glauben alle, dass wir vom Bund unterstützt werden»

sagt Hofstetter gegenüber der Ostschweiz. Die Umsetzung in den Kantonen sei aber sehr unterschiedlich und teils absurd. Hofstetter arbeite jeden Tag ununterbrochen im Betrieb, aber nicht um Gäste zu bedienen, sondern um den «Formular-Krieg» bewältigen zu können. Die Polizei sei schon dreimal aufgekreuzt und hätte die Gäste im Hotel kontrolliert. Faktisch hätte ihm die Regierung ein Berufsverbot erteilt. Er bezeichnet das Vorgehen als «reine politische Willkür». Mittlerweile seien die Schulden auf eine halbe Million angewachsen.

Läden durften wieder öffnen, Restaurants hingegen nicht. Dort dürfen Gäste nur draussen im Garten oder auf der Terrasse sitzen und dies tun sie nur dann, wenn auch das Wetter stimmt. Peter Oesch, Präsident von Gastro Solothurn, bezeichnet die Regelung als «Schweinerei», wie die Onlineausgabe der Solothurner Zeitung schreibt. Zudem kritisiert er, dass der Kanton es nicht schaffe, die rund 500 Gesuche um Härtefallgelder abzuarbeiten. Solothurn habe faktisch bis heute noch nichts bezahlt, so Oesch. Tamara Rawlins, Betreiberin der Aaare-Bar in Solothurn, habe vom Kanton noch kein Geld erhalten. Sie wolle den Aussenbereich öffnen und endlich wieder Gäste bewirten. Nicht so Stefan Bader, Inhaber des Restaurants Zum alten Stephan.

«Ich mache da nicht mit, bei -2 Grad möchte ich selbst auch kein 4-Gänge-Menü essen»

wird Bader zitiert.

Auch der Papierkrieg sei unzumutbar, berichtet die Berner Zeitung BZ. Die Inhaberin eines Kleinstreisebüros im Kanton Thurgau habe versucht, mehr als 100 Belege in das gewünschte Format zu bringen. Die AHV-Zweigstelle habe ihr Gesuch anerkannt und sie sei für den Bezug von Härtefallgeldern berechtigt.

Doch später, als sie sich in der Onlineplattform des Kantons angemeldet habe, sei sie nur auf Hürden gestossen. Einige geforderte Dokumente hätte sie noch gar nicht, wie den definitiven Abschluss des letzten Jahres. Andere Dokumente seien für das Hochladen zu gross gewesen. Als sie es nach über zwanzig Stunden Arbeit endlich geschafft hätte, die Formulare auszufüllen und die Dokumente beim Amt einzureichen, sei dieser Bescheid gekommen: Ihr Umsatz sei gemäss ihren Unterlagen nicht um die 40 Prozent zurückgegangen, welche Unternehmen mindestens nachweisen müssen, um einen Beitrag zu erhalten. Also erhalte sie nichts.

Die Reisefachfrau wolle einen neuen Anlauf nehmen, die Zahlen aus dem laufenden Jahr addieren, einen neuen Geschäftsabschluss per Ende März erstellen. Und weiter auf Hilfe hoffen. Zudem: Wer in Not sei, müsse die Formulare innerhalb von nur 5 Tagen liefern. Auf entsprechende Antworten der Kantone hingegen warte man meist mehrere Wochen.

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