Horst D. Deckert

Pionier der Permakultur

Gesundheit, Bildung, Medien und Versorgung – darum geht es bei dem Online-Kongress «Gemeinsam-Frei-Vernetzt». Die Kongressteilnehmer stellen Lösungen vor, die dem Allgemeinwohl und dem Wiederaufbau von Lebensräumen dienen. Neben zahlreichen Interviews, Filmpremieren und Live-Streams gibt es die Möglichkeit, eine Gemeinschaft zu finden und einander zu vernetzen.

Während des Kongresses, der noch bis zum 27. März läuft, stellen sich Menschen vor, die jetzt den Weg in ein freies, selbstbestimmtes Leben wählen und Gleichgesinnte für Projekte suchen. Noch nie in der Geschichte der Menschheit gab es eine solche Dringlichkeit und so viele Möglichkeiten, gemeinsam eine neue Welt zu gestalten. Eine Welt, die ein harmonisches und friedliches Miteinander ermöglicht. Ein Miteinander, welches die Menschen über alle Generationen hinweg verbindet und im Einklang mit der Natur und allen Lebewesen entsteht.

Zu den Referenten gehört auch der Diplom-Permakulturdesigner Konstantin Kirsch. Er ist vor allem Forscher für einen nachhaltigen Lebensstil und spricht im Interview unter anderem über Permakultur, Heilpflanzen, zukunftsweisende Projekte, sein Geldsystem Minuto und Schwefelhexafluorid.

Im Gespräch mit Andreas Sarakacianis stellt Kirsch die Anastasia-Buchreihe vor. Die Buchreihe kommt aus Russland und besteht aus zehn Bänden. Bis heute sind die Bücher in über zehn Sprachen übersetzt. Sie wurden in den Jahren 1994/1995 in der Taiga verfasst. Laut Kirsch sind darin verschiedene Aspekte des Daseins zu finden. Der Leser könne einzelne Aspekte herauspicken oder aber ein grösseres Bild betrachten. Es gehe um die gesamte Menschheitsentwicklung und eine lebensfreundliche Perspektive für die gesamte Menschheit. Kritiker behaupten, es handle sich um einen erfundenen Roman, so Kirsch.

Die Bücher sind laut Kirsch in Form eines Erlebnisberichts geschrieben und gehen der Frage nach, wie wir uns artgerecht verhalten können und ob unser Dasein nur vom menschlichen Körper oder auch von unserem Geist geprägt ist. Kirsch findet in diesem Zusammenhang diese Aussage passend: «Die gesamte Menschheit ist ein wandernder Gedanke.»

Das Wort Gedanke verdeutliche die Dankbarkeit, die für Kirsch einen Schlüssel für vieles darstellt. Die Bücher empfehlen dem Menschen, ein Stück Land als Bezugspunkt zu haben. «Wir brauchen einen bestimmten Raum und physische Versorgung», sagt Kirsch. Dabei sei die richtige Grösse des Landes entscheidend, um sich selbst versorgen, innehalten und fern des Hamsterrades der Gesellschaft leben zu können. In den Büchern wird ein Hektar pro Familie als günstiges Mass genannt.

Kirsch sagt, dass sich die Architektur seit etwa 5000 Jahren in eine spezielle Richtung entwickle. Früher habe es eher mobile Strukturen wie Jurten und Zelte gegeben. Die Pfosten der Zelte seien zunehmend stabiler geworden und aus den Stoffbahnen seien Reet-, Holzschindel- oder Ziegeldächer geworden. Charakteristisch für diese Häuser sei, dass sie keine Energie wie etwa Heizöl verbrauchen. Heute sei in vielen Häusern das Heizen und die Belüftung über High-Tech geregelt.

«Die Entfremdung von der Natur betrachte ich als kritisch. Ich gehe davon aus, dass wir als biologische Lebewesen im positiven Sinne abhängig sind. Wir sind mit der Schöpfung verbunden. Für unser ganzheitliches Wohlsein ist es wichtig, dass wir mit den Jahreszeiten Kontakt halten und das Leben auch erleben. Dann fällt es uns leichter, einen Sinn zu empfinden, denn dieser hängt mit unseren Körpersinnen zusammen.»

Kirsch betrachtet die Anastasia-Bücher als einen spirituellen Spiegel. So könne der Leser genau das herauspicken, was zu seiner momentanen Lebenssituation passt. Ab Band 4 werde der Landsitz konkret beschrieben. So sollte er von einem Erdwall oder einer grünen Hecke umgeben sein. Dabei gehe es aber nicht darum, dass die Familien vollkommen autark leben.

«Ich finde das Einsiedlerdasein sehr wertvoll, um bei sich und in der Ruhe zu sein, dem eigenen Atem zu lauschen. Dann kann man viel eher eine eigene Meinung entstehen lassen.»

Kirsch frage sich oft, ob wirkliche Meinungsfreiheit herrsche oder viele Menschen vorgegebene Meinungen bloss wiederkäuen, weil sie meinen, dass sie damit im Trend liegen. Verliere der Mensch seine Individualität, so werde er schnell zum Spielball der Gedanken anderer.

«Die Corona-Zeit ist für gewisse Menschen eine Anregung zur Innenschau geworden. Sie haben festgestellt, dass sie sich nicht mehr durch Shopping ablenken können. Menschen, die sich von sich selbst entfremdet haben, werden in existenzielle Krisen geworfen.»

Für Kirsch dienen die Anastasia-Bücher dazu, Anregungen zu bekommen. Als Kirsch den Band 4 der Anastasia-Buchreihe gelesen habe, sei er auf das Thema Naturbauten gestossen. Darin habe er erfahren, dass man Bäume zu Zäunen verflechten kann. Nach der Explosion des Kernkraftwerks in Tschernobyl im Jahr 1986 begann Kirsch sich mit dem Thema Permakultur zu befassen.

In Deutschland gehört er zu den Permakultur-Pionieren. In einschlägigen Büchern habe er den Begriff der lebenden Häuser von Rudolf Doernach gefunden. Im Herbst 1986 habe er sich dazu entschieden, selbst lebende Häuser zu entwickeln. Die Natur soll sich Kirsch zufolge daran erfreuen, dass der Mensch da ist. Zwischen dem Menschen und den Pflanzen bestehe eine natürliche Symbiose. Wir seien die atmenden Wesen und die Pflanzen produzierten durch Photosynthese Kohlenhydratketten, Fette und Eiweisse, die uns wiederum Energie liefern. Wenn der Mensch sich von diesem Kreislauf trenne, so werde der Aufwand zur Lebenserhaltung gigantisch gross.

«Das Etikett mit dem Begriff Nachhaltigkeit wird irgendwo darüber geklebt, obwohl gar keine Nachhaltigkeit dahinter steckt. Ein elektrisches Auto hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.»

CO² sei an sich kein Schadstoff, sondern ein Baustein des Lebens, so Kirsch. Weitaus schlimmer sei SF6 (Schwefelhexafluorid), da es sich um ein Isoliergas für elektrische Schaltstellen in Umspannkraftwerken handelt. Das habe es nie in der Natur gegeben. Wenn dieses Gas an einer undichten Stelle heraustrete, habe dies eine gravierende Wirkung auf das Klima.

Zur Permakultur gehörten auch Agroforstsysteme. Diese besagen, dass auf einer Acker- oder Weidefläche zum Schatten- und Windschutz Baumreihen gepflanzt werden. Die Bäume stoppen die Erosion und fördern die Humushaltung. Kirsch versteht die Permakultur als philosophischen Ansatz. Jegliche Handlung und jede unterlassene Handlung habe eine potenzielle Wirkdauer auf die Ewigkeit.

Dazu gehöre auch, die Naturgesetze zu beobachten und diese geschickt zu nutzen. Kirsch verweist darauf, dass wir über Jahre hinweg billiges Erdöl bekommen haben und es gewohnt sind, Maschinen zu bedienen. Diese Verwöhnung durch das Erdöl würde nicht mehr funktionieren, wenn der Energie-Input von aussen abgeschnitten werden würde.

Heute würden die Strukturen von kleinen, autarken Bauernhöfen nicht mehr bestehen. Permakultur böte Möglichkeiten, neue Strukturen auf eine intelligente Weise aufzubauen und diese Primärenergieabhängigkeit abzuschaffen. Jede einzelne Struktur sollte mehrere Funktionen erfüllen. So sollte ein Apfelbaum nicht nur der Apfelernte dienen, sondern in seinen Zweigen können auch Vogelnistkästen hängen. Permakultur besage auch, dass die gepflanzten Elemente so angeordnet werden sollen, dass die grösstmögliche sinnvolle Anzahl von Wechselwirkungen entsteht.

Kirsch spricht abschliessend über das Zahlungsmittel Minuto, das der einzelne selbst herstellen kann. Somit werde der einzelne Mensch zu seinem eigenen Zentralbanker. Zunächst müsse man sich überlegen, für welches Gut oder welche Dienstleistung der Minuto-Gutschein dienen soll. Dabei müsse man sich überlegen, welche Fähigkeiten für andere wertvoll sein können. De facto sei der Minuto ein Bewusstseinswerkzeug, weil die Menschen zunächst überlegen müssen, was sie bieten und wem sie vertrauen können.

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